Ausgangslage
Wetter- und Lichtverhältnisse wirken sich auf die Verkehrssicherheit aus. Niederschlag, Nebel sowie Dämmerung und Dunkelheit beeinträchtigen die Sicht der Fahrzeuglenkenden, die Erkennbarkeit anderer Verkehrsteilnehmender und/oder die Beschaffenheit der Strassenoberfläche. Dies kann das Unfallrisiko erhöhen – sofern die Risiken nicht durch entsprechend vorsichtigeres Verhalten kompensiert werden. Weiter beeinflusst das Wetter die Exposition, d. h. die Art und Menge der Mobilität [1].
Verbreitung
Insgesamt werden die meisten Kilometer im Strassenverkehr bei Tageslicht und trockener Witterung zurückgelegt. Darauf lassen der Mikrozensus zum Mobilitätsverhalten [2] wie auch die Verkehrsunfallstatistik [3] schliessen. Je nach Altersgruppe und Mobilitätsform kann dieser Anteil jedoch variieren.
Jugendliche und jüngere Erwachsene sind beispielsweise mehr in der Dunkelheit unterwegs als Kinder und ältere Erwachsene [4,5]. Bei schönem Wetter sind mehr Velo- und Motorradfahrende unterwegs als bei schlechtem Wetter [1].
Gefährlichkeit
Wetter- und Lichtverhältnisse können das Unfallrisiko durch verschiedene Effekte erhöhen.
Beeinträchtigungen von Sicht und Sichtbarkeit
Dämmerung, Dunkelheit, Niederschlag oder Sonnenblendung führen zu verschiedenen Beeinträchtigungen der visuellen Wahrnehmung. Dies führt u. a. dazu, dass andere, v. a. unauffällige Verkehrsteilnehmende, Objekte oder Gefahren nicht oder zu spät erkannt werden und Entfernungen und Geschwindigkeiten falsch eingeschätzt werden. All dies erhöht das Unfallrisiko [6].
Einfluss auf die Strassenoberfläche
Bestimmte Umweltbedingungen wie Regen, Schnee, Eis oder Frost wirken sich negativ auf die Strassenoberfläche aus und erhöhen dadurch das Unfallrisiko, vor allem durch verlängerte Bremswege und verminderte Haftung der Reifen auf der Fahrbahn bzw. erhöhte Rutschgefahr (siehe [1]).
Einfluss auf die Exposition
Das Wetter beeinflusst auch die Art und Menge der Mobilität. Bei schönem Wetter sind z. B. mehr Velo- und Motorradfahrende unterwegs als bei schlechtem Wetter. Dies führt bei schönem Wetter zu einer höheren Anzahl von Unfällen dieser Gruppen (siehe [1]).
In Bezug auf die Dunkelheit zeigt die kilometerbereinigte Analyse der Schweizer Verkehrsunfallstatistik ([2,7]; eigene Auswertung) erwartungsgemäss ein erhöhtes Risiko für Unfälle mit Personenschaden. Im Vergleich zu Tageslicht ist dieses Risiko bei Fussgängerinnen und Fussgängern mehr als doppelt so hoch, bei PW-Insassinnen und PW-Insassen sowie Velo-, E-Bike- und Motorradfahrenden rund 1,5-mal so hoch (Abbildung 1).
Obwohl Unfälle mit den Hauptursachen Alkohol und Betäubungsmittel in dieser Analyse nicht mitberücksichtigt wurden, ist nicht auszuschliessen, dass ein Teil der betrachteten Unfälle bei Dunkelheit auf andere Risikofaktoren als mangelnde Sicht zurückzuführen ist (z. B. Müdigkeit).

Abbildung 1: Relative Risiken für Unfälle mit Personenschaden bei Nacht im Vergleich zu Tag, 2015, ohne Unfälle mit Hauptursachen Alkohol/Betäubungsmittel (Quellen: [2,7]; eigene Auswertung)
Für Niederschlag (Regen, Schnee oder Hagel) im Vergleich zu keinem Niederschlag ergab die Analyse hingegen ein geringeres Unfallrisiko. Dies deutet darauf hin, dass die Verkehrsteilnehmenden ihr Verhalten den schlechten Bedingungen anpassen (z. B. langsamer fahren). Allerdings ist anzumerken, dass internationale Studien bei Regen und Schnee teilweise erhöhte Unfallrisiken aufzeigen (siehe [1]).
Unfallrelevanz
Die meisten schweren Personenschäden auf Schweizer Strassen ereignen sich expositionsbedingt bei Tageslicht (70 %) und auf trockener Strasse (81 %). Bei Velo-, E-Bike- und Motorradfahrenden fällt dieser Anteil grösser aus (Tageslicht: rund 80 %; trockene Strasse: ca. 85 %). Bei den PW-Insassinnen und PW-Insassen sind es 61 % bzw. 72 % (Ø 2018–2022). Diese Unterschiede dürften darauf zurückzuführen sein, dass die Nutzung der verschiedenen Verkehrsmittel von den Umweltbedingungen abhängt.
Wie viele Unfälle tatsächlich auf Wetter- und Lichtverhältnisse zurückzuführen sind, lässt sich nur schwer feststellen. In der Polizeistatistik werden nur wenige dieser Ursachen explizit ausgewiesen. Bei den meisten der erfassten Ursachen, die möglicherweise mit Wetter- und Lichtverhältnissen zusammenhängen, spielt auch menschliches Fehlverhalten eine Rolle, d. h., das Verhalten wurde nicht an die Bedingungen angepasst.
Die erfassten Hauptursachen, die zumindest teilweise mit Wetter- und Lichtverhältnissen zusammenhängen, machen folgende Anteile an allen schweren Personenschäden aus (Ø 2018–2022):
- Nichtanpassen an die Strassenverhältnisse (nass, vereist, Rollsplitt, Laub usw.): 3,5 %
- Nichtanpassen an die Sichtverhältnisse (beeinflusst durch Witterung und Lichtverhältnisse): 0,7 %
- Fahren ohne oder mit vorschriftswidrigem Licht: 0,02 %
- Keine Schneeketten oder Winterreifen: 0,03 %
- Mangelhafte Beleuchtung: 0,01 %
- Aquaplaning: 0,02 %
- Sonnenblendung: 0,4 %
- Anderer momentaner äusserer Einfluss: 0,2 %
Diese Hauptursachen sind insgesamt für 5 % aller schweren Personenschäden verantwortlich. Jedoch wird der Anteil in der Unfallstatistik wahrscheinlich unterschätzt, insbesondere im Zweiradverkehr. Denn dort gibt es eine grosse Dunkelziffer [8].
Eine BFU-Befragung ergab beispielsweise, dass der häufigste Hergang bei Alleinunfällen von E-Bike-Fahrenden mit knapp einem Drittel das Wegrutschen ist (z. B. auf nassem Laub, Eis, Kies). Gar bei der Hälfte der Befragten wurde der Unfall durch rutschige Strassenoberflächen (mit-)beeinflusst. 20 % erachteten eine eingeschränkte Sicht durch Dämmerung oder Dunkelheit als Einflussfaktor des Unfalls [9].
Quellen
[1] SWOV Institute for Road Safety Research. The impact of the weather; 2023. https://swov.nl/en/fact-sheet/impact-weather. 18.03.2024.
[2] Bundesamt für Statistik BFS. Mikrozensus zum Verkehrsverhalten 2015; 2017.
[3] Bundesamt für Strassen ASTRA. Polizeilich registrierte Strassenverkehrsunfälle. Unveröffentlichte Datenbank: ASTRA; 2023.
[4] Uhr A, Ewert U, Niemann S et al. Sicherheit von Jugendlichen im Strassenverkehr. Bern: BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2018. Sicherheitsdossier Nr. 17. DOI:10.13100/bfu.2.336.01.
[5] Hertach P, Uhr A, Ewert U et al. Sicherheit von jungen Erwachsenen im Strassenverkehr. Bern; 2019. Sicherheitsdossier Nr. 18. DOI:10.13100/bfu.2.349.01.
[6] Uhr A. Sicherheit durch Sichtbarkeit im Strassenverkehr. Bern: BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2021. Forschung 2.394. DOI:10.13100/BFU.2.394.01.2021.
[7] Bundesamt für Strassen ASTRA. Polizeilich registrierte Strassenverkehrsunfälle in der Schweiz. Bern: ASTRA; 2015.
[8] Niemann S, Achermann Stürmer Y, Ellenberger L, Meier D. Status 2023: Statistik der Nichtberufsunfälle und des Sicherheitsniveaus in der Schweiz. Bern: BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2023. DOI:10.13100/bfu.2.505.01.2023.
[9] Uhr A, Hertach P. Verkehrssicherheit von E-Bikes mit Schwerpunkt Alleinunfälle. Bern: BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2017. BFU-Report 75. DOI:10.13100/bfu.2.340.01.