Gesamtunfallgeschehen

Polizeikontrollen zur Prävention von Verkehrsunfällen

Polizeikontrollen sind ein zentrales Element der Strassenverkehrsunfallprävention. Sie wirken insbesondere über die Erwartung, kontrolliert zu werden.
  • Einleitung
  • Aktuelle Situation
  • Präventionsnutzen
  • Optimierungspotential
  • Fazit
  • Quellen
  • Einleitung
  • Aktuelle Situation
  • Präventionsnutzen
  • Optimierungspotential
  • Fazit
  • Quellen

Einleitung

Polizeikontrollen zielen darauf ab, Verkehrsregeln durchzusetzen und Verstösse zu verhindern. Dabei kann Verschiedenes kontrolliert werden, z. B. die Einhaltung der Geschwindigkeit, das Fahren unter Einfluss von Substanzen (Alkohol, Drogen und Medikamente), die Ablenkung der Lenkerinnen und Lenker, der technische Zustand der Fahrzeuge, die Nutzung von Sicherheitsgurten, der Abstand zwischen den Fahrzeugen; ausserdem der Schwerverkehr. Dieses Kapitel konzentriert sich auf die ersten drei Kontrollarten, da sie besonders unfallrelevant sind.

Aktuelle Situation

Die rechtliche Grundlage für Verkehrskontrollen bildet in erster Linie die Strassenverkehrskontrollverordnung SVK (SR 741.013). Sie regelt die Befugnisse der Polizei bei Kontrollen im Strassenverkehr. Allgemeine Verkehrskontrollen und auch Alkoholkontrollen dürfen auf öffentlichen Strassen jederzeit und ohne konkreten Verdacht durchgeführt werden.

Für Kontrollen auf Drogen- oder Medikamenteneinfluss ist ein Anfangsverdacht erforderlich. Hinsichtlich der Strategie bei polizeilichen Kontrollen gibt es auf nationaler Ebene keine konkreten Vorschriften oder Empfehlungen. In Art. 5 SKV wird lediglich festgehalten, dass «die Behörden die Kontrollen schwerpunktmässig u. a. nach sicherheitsrelevantem Fehlverhalten und den Gefahrenstellen ausrichten». Zudem sollen die Kontrollen «stichprobenweise, systematisch oder im Rahmen von Grosskontrollen» durchgeführt werden. Es besteht also ein grosser Spielraum, wie genau die Polizei Kontrollen durchführt.

Über die Kontrolltätigkeit in der Schweiz liegen keine systematisch erhobenen Daten vor. Die Kontrolldichte in Bezug auf das Fahren unter Substanzeinfluss dürfte jedoch relativ gering sein: Gemäss Befragungsresultaten wurden 2021 lediglich 4 % der Autofahrenden einem Alkoholtest unterzogen und weniger als 1 % auf Drogeneinfluss kontrolliert [1]. Bei den in schwere Unfälle involvierten Motorfahrzeuglenkerinnen und -lenkern wurde laut amtlicher Statistik etwa bei drei Vierteln ein Alkoholtest angeordnet.

Befragungen zeigen, dass die grosse Mehrheit der Lenkenden von Personenwagen (PW) in der Schweiz nicht damit rechnet, kontrolliert zu werden [2]. Dies gilt insbesondere für Alkohol- und Handykontrollen, bei denen vier von fünf PW-Lenkenden die Kontrollwahrscheinlichkeit als gering bis sehr gering einschätzen. Bei Kontrollen zur Geschwindigkeit sind es etwa zwei von drei PW-Lenkenden.

Präventionsnutzen

Kontrollen tragen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit bei. Sowohl für Geschwindigkeits- als auch für Substanzkontrollen konnte die Wirksamkeit von Polizeikontrollen in verschiedenen Studien nachgewiesen werden [2,3]. 

Bei den Alkoholkontrollen sind die anlassfreien Kontrollen positiv zu bewerten. Insbesondere stationäre Kontrollen am Strassenrand entfalten eine grosse Wirkung. Bei Geschwindigkeitskontrollen ist eine Kombination verschiedener Kontrollarten sinnvoll: Während Kontrollen mit (semi-)stationären Messgeräten die Verkehrssicherheit lokal erhöhen, wirken Kontrollen mit bemannten stationären Messsystemen in grösseren Gebieten [2]. 

Hinsichtlich Kontrollen zu Ablenkung am Steuer (insbesondere Handynutzung) gibt es Hinweise aus der wissenschaftlichen Literatur, dass sich diese positiv auf die Verkehrssicherheit auswirken [4].
Ein zentrales Element für die Wirksamkeit von Kontrollen ist die Kontrollerwartung: Wer erwartet, kontrolliert zu werden, hält sich eher an die Verkehrsregeln. Die Kontrollerwartung ist dabei relevanter als die subjektive Sanktionshärte [5]. Neben einer Erhöhung der Kontrolldichte wirken sich folgende Elemente positiv auf die Kontrollerwartung und die präventive Wirkung von Kontrollen aus [2,5]:  

  • Hohe Sichtbarkeit der Kontrollen
  • Regelmässige, kontinuierliche Durchführung der Kontrollen
  • Fokus auf Unfallschwerpunkte oder Zeiten und Orte, an denen das Verhalten häufig auftritt
  • Ergänzende zufällige Kontrollen
  • Schwer zu umgehende Kontrollen
  • Eine hohe Gewissheit der Sanktionierung
  • Begleitende Öffentlichkeitsarbeit 

Optimierungspotential

Optimierungspotenzial besteht auf verschiedenen Ebenen.

Erhöhung der Kontrolldichte

Eine Erhöhung der Kontrollerwartung in der Schweiz würde die Verkehrssicherheit verbessern. Dabei ist primär eine Erhöhung der Kontrolldichte bei den Substanzkontrollen angezeigt. Die Alkohol-Kontrollquote in der Schweiz ist nur rund halb so hoch wie die vom Europäischen Verkehrssicherheitsrat ETSC empfohlene Mindestkontrollquote von 10 % [6]. 

Idealerweise sollte laut ETSC sogar jede und jeder dritte Fahrzeuglenkende jährlich auf Alkohol getestet werden. Auch in Bezug auf Ablenkung am Steuer dürfte aufgrund der niedrigen Kontrollerwartung eine erhöhte Kontrolldichte zielführend sein. Erfahrungen aus dem Kanton Tessin zeigen, dass umfangreiche Kontrollen zur Handynutzung möglich sind [7]. 

Zwecks Effizienzsteigerung könnten beim Nachweis der Ablenkung auch automatisierte Systeme wie Kameras zum Einsatz kommen. In einem vom Bundesamt für Strassen ASTRA in Auftrag gegebenen Forschungsprojekt werden aktuell solche Systeme bewertet und die rechtlichen Rahmenbedingungen hinsichtlich eines Einsatzes in der Schweiz abgeklärt. 

Bei Geschwindigkeitskontrollen ist die Kontrolldichte bereits relativ hoch [2]. Im Gegensatz zu Substanz- und Handykontrollen würden vermehrte Geschwindigkeitskontrollen auch auf geringe Zustimmung in der Bevölkerung stossen [8].

Da die Polizei verschiedene Aufgabengebiete abdecken muss, aber nur begrenzte Ressourcen hat, ist ein Ausbau der Kontrollen im Strassenverkehr nur bedingt möglich. In Zusammenhang mit Alkoholkontrollen könnte bereits eine höhere Testquote im Rahmen allgemeiner Verkehrskontrollen ressourcenschonend und effektiv sein. 

Zusätzlich sollten alle Unfallbeteiligten und Lenkenden mit einem auffälligen Fahrverhalten routinemässig auf Alkohol überprüft werden, wobei bei Verdacht auf Drogen- oder Medikamentenkonsum weiterführende Abklärungen erfolgen sollten. Sichtbare Kontrollen in Kombination mit Öffentlichkeitsarbeit könnten die Kontrollerwartung ebenfalls ressourcenschonend steigern.

Rechtliche Anpassungen 

Um die Kontrolltätigkeit in der Schweiz noch präventionsorientierter zu gestalten, sind auch Anpassungen in den Rechtsgrundlagen denkbar. Beispielsweise könnte geprüft werden, ob Art. 53a des Strassenverkehrsgesetzes SVG (SR 741.01), der sich aktuell auf Schwerverkehrskontrollen bezieht, dahingehend geändert werden kann, dass unterschiedliche Kontrollen vorgenommen werden können, um die Ziele in der Verkehrssicherheit zu erreichen [7]. 

Auch könnte die Kontrollstrategie stärker geregelt werden, damit die für die Prävention wichtigen Aspekte bei den Kontrollen gesamtschweizerisch systematischer umgesetzt werden. Der Fokus sollte stärker darauf liegen, die allgemeine Kontrollerwartung zu erhöhen, statt vorrangig Delinquenten zu überführen. 

Datenmonitoring und Sensibilisierung von Entscheidungsträgern 

Nicht zuletzt wäre es wünschenswert, dass Daten zur Kontrolltätigkeit systematisch erhoben würden, beispielsweise, indem auch Substanz- und Geschwindigkeitskontrollen in die vom ASTRA geführte Strassenverkehrskontrollstatistik gemäss Art. 89o ff. SVG integriert werden. In Kombination mit weiteren Daten – z. B. zum Verhalten der Fahrzeuglenkenden – könnte dies helfen, die Kontrolltätigkeit zu evaluieren und zielgerichtete Optimierungen und Ressourcenallokation vorzunehmen.

Schliesslich empfiehlt sich auch eine stärkere Sensibilisierung von Entscheidungsträgern für den grossen präventiven Nutzen, den die Kontrollen im Strassenverkehr entfalten. Auch in der Aus- und Weiterbildung der Polizei könnten die zentralen Aspekte einer präventionsorientierten Kontrollstrategie stärker betont werden [9]. 

Fazit

Polizeikontrollen sind ein zentraler Ansatz zur Prävention von Strassenverkehrsunfällen in der Schweiz. Sie tragen massgeblich zur Verkehrssicherheit bei, primär durch ihren abschreckenden Charakter, sodass sich die Verkehrsteilnehmenden von vornherein regelkonform und sicher verhalten.

Damit Polizeikontrollen ihre präventive Wirkung entfalten, muss die Kontrollerwartung der Verkehrsteilnehmenden möglichst hoch sein. Dank einer geschickten und datenbasierten Kontrollstrategie lässt sich die Kontrollerwartung ressourcenschonend steigern. Für die ganze Schweiz einheitlich geltende rechtliche Vorgaben könnten hier unterstützend wirken.

Quellen

[1] BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung. BFU-Bevölkerungsbefragung 2022: Jährlich wiederkehrende Befragung der Schweizer Wohnbevölkerung zu Themen im Bereich der Nichtberufsunfälle. Bern: BFU; 2022.

[2] Hertach P. Geschwindigkeitskontrollen: Empfehlungen aus Präventionssicht. Bern: BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2021. Forschung 2.401. DOI:10.13100/BFU.2.401.01.2021.

[3] Hertach P, Uhr A, Niemann S. Erhebung 2023: «Roadside Survey Alkohol»: Autofahrten unter Alkoholeinfluss. Bern: BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2024. DOI:10.13100/bfu.2.529.01.2024.

[4] Arnold LS, Horrey WJ. Effectiveness of distracted driving countermeasures: An expanded and updated review of the scientific and gray Literatures. Washington, DC: AAA Foundation for Traffic Safety FTS; 2022. Research Brief.

[5] Hertach P, Achermann Stürmer Y. Substanzkontrollen bei Motorfahrzeuglenkenden: Empfehlungen aus Präventionssicht. Bern: BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2021. DOI:10.13100/BFU.2.402.01.2021.

[6] Rothengatter T, Goldenbeld C, Mäkinen T et al. Police enforcement strategies to reduce traffic casualties in Europe. Brussels: ETSC; 1999.

[7] Bundesamt für Strassen ASTRA. Teilstrategie Verkehrssicherheit. Ittigen: ASTRA; 2024 V1.0.

[8] BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung. BFU-Bevölkerungsbefragung 2024: Jährlich wiederkehrende Befragung der Schweizer Wohnbevölkerung zu Themen im Bereich der Nichtberufsunfälle. Bern: BFU; 2024.

[9] Bergen G, Pitan A, Qu S et al. Publicized sobriety checkpoint programs: A community guide systematic review. Am J Prev Med. 2014; 46(5): 529–539. DOI:10.1016/j.amepre.2014.01.018

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