Ausgangslage
Mit zunehmendem Alter nehmen verschiedene kognitive, sensorische und motorische Fähigkeiten ab. Beispielsweise benötigt die Verarbeitung von Informationen mehr Zeit, das Sehvermögen verschlechtert sich, und die Beweglichkeit nimmt ab [1]. Wenn die Einschränkungen Fähigkeiten betreffen, die für die Teilnahme am Strassenverkehr relevant sind, kann das die Verkehrssicherheit beeinträchtigen.
Die ebenfalls altersbedingt höhere Verletzlichkeit älterer Personen wird hier
diskutiert.Verbreitung
Altersbedingte Veränderungen betreffen die kognitiven, sensorischen und motorischen Fähigkeiten. Relativ häufig sind Veränderungen der Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung, der Exekutivfunktionen (z. B. Handlungsplanung) und der geteilten sowie selektiven Aufmerksamkeit. Eine Verminderung der Kontrastempfindlichkeit kommt ebenfalls häufig vor. Etwas weniger verbreitet sind Einschränkungen der Gelenkigkeit/Beweglichkeit, der Geschwindigkeits- und Entfernungseinschätzung sowie eine zunehmende Blendempfindlichkeit (siehe Abbildung) [1].
Gefährlichkeit
Die erwähnten Einschränkungen werden mit Ausnahme der selektiven Aufmerksamkeit als jene mit dem höchsten Risiko betrachtet [1]. Wenn beispielsweise die Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung abnimmt, brauchen die Einschätzung der Verkehrssituation und eine allfällige Reaktion mehr Zeit – was in kritischen Situationen, in denen man schnell reagieren muss, zu Unfällen führen kann.
Einschränkungen der räumlich-visuellen Fähigkeiten und des Arbeitsgedächtnisses werden ebenfalls der Gruppe der gefährlichsten Einschränkungen zugeordnet, kommen aber etwas seltener vor. Andere Aspekte wie die Sehfähigkeit, die Muskelkraft oder Einschränkungen des Hörvermögens werden nicht als hohes Risiko beurteilt.
Unfallrelevanz
Verschiedene Unfallursachen im amtlichen Unfallaufnahmeprotokoll beziehen sich auf den Zustand der Person (siehe Hinweis 1). Nebst dem Einfluss von Substanzen (Alkohol, Betäubungs- und Arzneimittel) und Übermüdung sowie Einschlafen gehören folgende gesundheitliche Gründe dazu: Schwächezustand, verminderte Sehkraft sowie körperliche und geistige Krankheiten (siehe Hinweis 2).
Als altersbedingte Einschränkungen können am ehesten der Schwächezustand und die verminderte Sehkraft betrachtet werden. Diese beiden Ursachen können allerdings auch auf Erkrankungen zurückzuführen sein. Für die Unfallrelevanz werden daher Erkrankungen und altersbedingte Einschränkungen zusammengefasst
.6 % der schweren Personenschäden von Seniorinnen und Senioren auf Schweizer Strassen (siehe Hinweis 3) sind auf ein eigenes gesundheitliches Problem zurückzuführen (Hauptursache). Am häufigsten handelt es sich dabei um einen Schwächezustand.
Auch bei den Seniorinnen und Senioren spielen jedoch andere Unfallursachen wie nicht angepasste Geschwindigkeit oder Unaufmerksamkeit und Ablenkung eine deutlich grössere Rolle als gesundheitliche Gründe. Allerdings ist davon auszugehen, dass die Bedeutung von altersbedingten Einschränkungen und Erkrankungen wohl etwas unterschätzt wird, da ihr Vorliegen oft nur schwierig einzuschätzen ist.
Hinweise
- Siehe Instruktionen zum Ausfüllen des Unfallaufnahmeprotokolls, Anhang 2. Unter Unfallerfassung (admin.ch)
- Zudem gibt es eine Kategorie «Anderer Einflussfaktor aus medizinischer Sicht»
- Mit «Seniorinnen und Senioren auf Schweizer Strassen» sind hier Personen ab 65 Jahren gemeint, die als Fahrzeuglenkende oder Fussgänger unterwegs waren. Mitfahrende z. B. in Personenwagen sind hier nicht eingeschlossen.
Quellen
[1] Uhr A, Ewert U, Scaramuzza G et al. Sicherheit älterer Verkehrsteilnehmer. Bern: BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2016. Sicherheitsdossier Nr. 14. DOI:10.13100/bfu.2.271.01.