Ausgangslage
Die Eigenschaften des Motorrads beeinflussen die Sicherheit der Fahrerin/des Fahrers sowie möglicher Kollisionsgegnerinnen und Kollisionsgegner.
Trotz technischer Verbesserungen über die letzten Jahrzehnte – zum Beispiel bei den Bremsen, Fahrerassistenzsystemen, der höheren Stabilität oder präzisieren Lenkung – weisen Motorräder nach wie vor einige Grundeigenschaften auf, die mit einer hohen Unfall- und Verletzungsgefahr einhergehen.
Relevante Risikofaktoren im Bereich fahrzeugtechnischer Eigenschaften bei Motorrädern [1]:
- Schmale Silhouette: schlechte Sicht- und Erkennbarkeit
- Fehlende Fahrgastzelle und Knautschzone: hohe Verletzlichkeit
- Anspruchsvolle Bremsbedienung und die daraus folgende Sturzgefahr, insbesondere bei Motorrädern ohne (Kurven-)ABS
- Hohe gewichtsbezogene Leistung: Kontrollverlust durch hohe Beschleunigung
- Motorradaufbau: z. B. steil aufsteigender, dominanter Tank, der vor allem die Verletzungsschwere negativ beeinflusst
Verbreitung
Fahrzeugtechnische Risikofaktoren betreffen alle Motorräder. Der Bestand an Motorrädern ist seit dem Jahr 2000 um 63 % angestiegen, im Jahr 2023 auf insgesamt 805 653 Motorräder [2]. Die Neuzulassungen beliefen sich im Jahr 2023 auf 49 397 Motorräder. Dies entspricht einem Plus von 1,2 % gegenüber 2022 [3] .
Gemäss Mikrozensus [4] betrug die mittlere Tagesdistanz von Motorradlenkenden im Jahr 2021 nur knapp 0,4 Kilometer. Im Frühling und im Sommer betrug sie rund dreimal mehr als im Winter. Vor allem Männer fahren Motorrad: Sie legten im Vergleich zu den Frauen fast sechsmal mehr Motorradkilometer zurück.
Gefährlichkeit
Motorradlenkende weisen im Verhältnis zur zurückgelegten Distanz die höchsten Unfallraten auf. So verzeichneten sie im Jahr 2023 beispielsweise über 80-mal so viele schwere Personenschäden pro 100 Mio. gefahrene Kilometer wie die Lenkerinnen und Lenker von Personenwagen (PW) [5].
Insgesamt legen Motorradlenkende nur 3 % der auf Schweizer Strassen gefahrenen Motorfahrzeugkilometer zurück – und doch machen sie mehr als einen Viertel aller Schwerverletzten bei Verkehrsunfällen aus [5].
Ob das hohe Unfallrisiko ausschliesslich auf die risikobehafteten technischen Eigenschaften von Motorrädern zurückzuführen ist, ist schwer zu sagen. Die Unfallstatistik zeigt, dass 53 % der schweren Motorradunfälle durch Kollisionen mit anderen Fahrzeugen verursacht werden und in 60 % dieser Fälle die anderen Verkehrsteilnehmenden schuld sind. Ein Grund dafür könnte sein, dass Motorräder aufgrund ihrer schmalen Silhouette leicht übersehen oder zu spät erkannt werden.
Unfallrelevanz
Die Beliebtheit des Motorradfahrens steigt seit Jahren kontinuierlich an, was auch die zunehmenden Verkaufszahlen und Fahrleistungen zeigen. Im Jahr 2009 übertraf die Anzahl der Schwerverletzten und Getöteten beim Motorradfahren erstmals diejenige der PW-Insassinnen und -Insassen. Seither sind die Motorradfahrenden die Verkehrsteilnehmergruppe mit den meisten schweren Personenschäden. Das kilometerbezogene Risiko einer schweren oder tödlichen Verletzung beim Motorradfahren ist höher als bei allen anderen Verkehrsteilnehmergruppen und auch das Risiko, an den Folgen eines Unfalls zu sterben, ist höher als bei anderen Fahrzeugen.
Quellen
[1] Walter E, Cavegn M, Ewert U et al. Motorradverkehr. Bern: BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2014. Sicherheitsdossier Nr. 12.
[2] Bundesamt für Statistik BFS. Strassenfahrzeuge – Bestand, Motorisierungsgrad: Fahrzeugbestand – Strassenmotorfahrzeuge in der Schweiz. https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/mobilitaet-verkehr/verkehrsinfrastruktur-fahrzeuge/fahrzeuge/strassenfahrzeuge-bestand-motorisierungsgrad.html#-875701140. Zugriff am 11.09.2024.
[3] Bundesamt für Statistik BFS. Strassenfahrzeuge - neue Inverkehrssetzungen: Übersicht - Tabelle Neue Inverkehrssetzungen - Jahresdaten. Neuchâtel. Bundesamt für Statistik BFS, Hg. https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/mobilitaet-verkehr/verkehrsinfrastruktur-fahrzeuge/fahrzeuge/strassen-neu-inverkehrsetzungen.html. 17.09.2024.
[4] Muralti J-L, Maksim H, Siegenthaler C et al. Mobilitätsverhalten der Bevölkerung 2021: Ergebnisse des Mikrozensus Mobilität und Verkehr 2021. Neuenburg: Bundesamt für Statistik BFS; 2023. 11 Mobilität und Verkehr 840-2100.
[5] Hertach P, Uhr A, Achermann Stürmer Y et al. Sinus 2024: Sicherheitsniveau und Unfallgeschehen im Strassenverkehr 2023. Bern: BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2024. DOI:10.13100/bfu.2.536.01.2024.