Alkohol als Risikofaktor bei Verkehrsunfällen von Jugendlichen

Alkohol ist bei 6 % aller schweren Unfälle von Jugendlichen die Hauptursache. Ein Drittel dieser Unfälle ist auf den Alkoholkonsum anderer Verkehrsteilnehmender zurückzuführen.

Ausgangslage

Alkohol stellt ein Problem für die Verkehrssicherheit dar. Er beeinträchtigt die Fahrfähigkeit und erhöht die Risikobereitschaft [z. B. 1,2]. Jugendliche vertragen Alkohol schlechter als Erwachsene [3]. Bei gleicher Alkoholaufnahme ist die Blutalkoholkonzentration bei Jugendlichen höher.

Die Enzyme, die den Alkohol in der Leber abbauen, sind bei Jugendlichen in geringerer Menge vorhanden als bei Erwachsenen. Ausserdem sind Jugendliche in der Regel leichter als Erwachsene, sodass sich der Alkohol auf eine geringere Menge Körperwasser verteilt [3].

Darüber hinaus finden im Jugendalter verschiedene physische, psychische und soziale Veränderungen statt. Diese Veränderungen beeinflussen kognitive Fähigkeiten wie Impulskontrolle, Risikoverhalten, Anfälligkeit für Gruppendruck, Alkoholkonsum und Mobilitätsverhalten (z. B. vermehrtes Unterwegssein in Wochenendnächten) – und damit auch die Verkehrssicherheit [4].

Die negativen Auswirkungen von Alkohol sind bei jüngeren Verkehrsteilnehmenden stärker ausgeprägt als bei älteren. Dies hängt damit zusammen, dass das Führen eines Fahrzeugs für Personen mit wenig Erfahrung (in der Regel junge Menschen) anspruchsvoller ist als für erfahrene Lenkerinnen und Lenker: Sie benötigen für diese Aufgabe mehr Aufmerksamkeit, da ihre Reaktionen noch nicht automatisiert sind [2,4,5].

Zudem ist rund ein Drittel der alkoholbedingten Unfälle, bei denen 15- bis 17-Jährige in der Schweiz schwer verletzt oder getötet werden, auf den Alkoholkonsum anderer Verkehrsteilnehmender zurückzuführen. Bei diesen Verkehrsteilnehmenden handelt es sich in den meisten Fällen um Kollisionsgegnerinnen und Kollisionsgegner sowie um Lenkende von Personenwagen, in denen die Jugendlichen mitfahren.

Verbreitung

Die Häufigkeit von Alkoholfahrten von Jugendlichen im Alter von 15 bis 17 Jahren wurde in der Schweiz bisher nicht spezifisch statistisch erfasst. Zur Abschätzung der Häufigkeit können jedoch Daten für eine grössere Altersgruppe wie die 15- bis 24-Jährigen oder z. B. Daten zum generellen Alkoholkonsum von Jugendlichen herangezogen werden.

In der repräsentativen Bevölkerungsbefragung der BFU wurden die Teilnehmenden beispielweise gefragt, wie oft sie nach dem Konsum von zwei oder mehr Gläsern Alkohol mit dem Velo oder dem E-Bike fahren. Im Jahr 2023 gaben 38 % der 15- bis 24-Jährigen an, zumindest ab und zu ein solches Verhalten zu zeigen [6].

Eine ähnliche Frage wurde 2020 den Motorradfahrenden gestellt. 18 % von ihnen gaben an, zumindest gelegentlich unter Alkoholeinfluss gefahren zu sein [7]. Die internationale Studie «Health Behaviour in School-aged Children» (HBSC) 2022, an der unter anderem 9345 Schülerinnen und Schüler aus 857 zufällig ausgewählten Schweizer Schulklassen (7. bis 11. Schuljahr, HarmoS) teilgenommen haben, zeigt, dass 11 % der 15-jährigen Schüler und 7 % der 15-jährigen Schülerinnen in der Schweiz mindestens einmal pro Woche Alkohol trinken [8].

Es ist zu beachten, dass diese Daten auf Selbstauskünften beruhen. Die Antworten können also durch soziale Erwünschtheit beeinflusst sein. Die tatsächlichen Werte dürften höher liegen. Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass die oben genannten Anteile, die für die 15- bis 24-Jährigen gelten, für die 15- bis 17-Jährigen niedriger sind.

Zur Häufigkeit, mit der Jugendliche in einem Personenwagen mitfahren, der von einer Person unter Alkoholeinfluss gefahren wird, liegen keine verlässlichen Daten vor. Basierend auf den Ergebnissen der Polizeiprotokolle ist jedoch davon auszugehen, dass dies nicht selten vorkommt.

Gefährlichkeit

Fahren unter Alkoholeinfluss erhöht das Unfall- und Verletzungsrisiko erheblich. Mit zunehmendem Alkoholisierungsgrad steigt das Unfallrisiko exponentiell an. Im Vergleich zu 25- bis 64-Jährigen haben junge Lenkerinnen und Lenker bereits im nüchternen Zustand ein mehr als doppelt so hohes Risiko, als Lenkende von Personenwagen (PW) tödlich zu verunfallen. Unter Alkoholeinfluss steigt das ohnehin erhöhte Risiko noch stärker an als bei älteren Erwachsenen [9]. Die alkoholbedingte Risikoerhöhung dürfte auch für andere Formen der motorisierten Mobilität als das Autofahren gelten, wenn auch in etwas anderem Ausmass [1].

Das Risiko, als PW-Insasse oder PW-Insassin schwer zu verunfallen, steigt im Vergleich zu den 14-Jährigen bereits bei den 15-Jährigen an und erreicht bei den 17-Jährigen das 7-fache bevölkerungsbezogene Risiko [4]. Umgekehrt zeigen einige Studien, dass junge Mitfahrende das Risiko eines tödlichen Unfalls für junge PW-Lenkende erhöhen [z. B. 10–12]. Bei diesen Unfällen kommen häufig mehrere Risikofaktoren gleichzeitig zum Tragen, z. B. Nachtfahrt, Alkohol, Nichttragen des Sicherheitsgurts und erhöhte Geschwindigkeit. Das gefährdet nicht nur die Lenkenden, sondern auch die Mitfahrenden. 

Unfallrelevanz

Gemäss Polizeistatistik sind 6 % aller schweren Unfälle von Jugendlichen auf Alkohol als Hauptursache zurückzuführen (Ø 2019–2023). Die meisten schweren Alkoholunfälle mit 15- bis 17-Jährigen passieren mit Motorrädern (36 %), Personenwagen (19 %) und Velos (17 %).

Fast alle alkoholbedingten Unfälle, bei denen 15- bis 17-Jährige in der Schweiz schwer verletzt oder getötet werden, geschehen nachts (88 %). In anderen Altersgruppen sind die entsprechenden Anteile zum Teil deutlich geringer, z. B. bei Personen ab 65 Jahren (42 %) oder bei Kindern unter 15 Jahren (29 %). Bei den 18- bis 24-Jährigen hingegen ist er mit 81 % fast so hoch wie bei den Jugendlichen.

Die schweren Alkoholunfälle, die Jugendliche erleiden, sind in 64 % der Fälle auf deren eigenen Alkoholkonsum und in 36 % auf den Alkoholkonsum anderer Verkehrsteilnehmender zurückzuführen. Bei den älteren Altersgruppen ist der Anteil der schweren Alkoholunfälle, die auf den Alkoholkonsum anderer Verkehrsteilnehmender zurückzuführen sind, geringer: 29 % bei den 18- bis 24-Jährigen, 27 % bei den Personen ab 65 Jahren und 12 % bei den 25- bis 64-Jährigen.

Quellen

[1] Hertach P, Uhr A, Niemann S et al. Beeinträchtigte Fahrfähigkeit von Motorfahrzeuglenkenden. Bern: BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2020. Sicherheitsdossier 2.361. DOI:10.13100/BFU.2.361.01.

[2] Sucht Schweiz. Jugendliche und Alkohol: Heft Nr. 3: Alkohol im Strassenverkehr – Risiken erkennen und Verhalten anpassen. Lausanne; 2016.

[3] Sucht Schweiz. Jugendliche und Alkohol: Heft Nr. 2: Alkohol im Körper – Wirkung und Abbau. Lausanne; 2011.

[4] Uhr A, Ewert U, Niemann S et al. Sicherheit von Jugendlichen im Strassenverkehr. Bern: BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2018. Sicherheitsdossier Nr. 17. DOI:10.13100/bfu.2.336.01.

[5] Goldenbeld C, Nuyttens N, Temmerman P. Dossier thématique Sécurité routière no 12: Jeunes (15-24 ans). Bruxelles: Institut VIAS – Centre de connaissance Sécurité routière; 2018.

[6] BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung. BFU-Bevölkerungsbefragung 2023: Jährlich wiederkehrende Befragung der Schweizer Wohnbevölkerung zu Themen im Bereich der Nichtberufsunfälle [Unveröffentlichter Bericht]. Bern: BFU; 2023.

[7] BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung. BFU-Bevölkerungsbefragung 2020: Jährlich wiederkehrende Befragung der Schweizer Wohnbevölkerung zu Themen im Bereich der Nichtberufsunfälle [Unveröffentlichter Bericht]. Bern: BFU; 2020.

[8] Delgrande Jordan M, Balsiger N, Schmidhauser V. La consommation de substances psychoactives des 11 à 15 ans en Suisse – Situation en 2022 et évolution dans le temps: Résultats de l’étude Health Behaviour in School-aged Children (HBSC). Lausanne; 2023 Rapport de recherche No 149. DOI:10.58758/rech149.

[9] Peck RC, Gebers MA, Voas RB, Romano E. The relationship between blood alcohol concentration (BAC), age, and crash risk. J Safety Res. 2008; 39(3): 311–319. DOI:10.1016/j.jsr.2008.02.030.

[10] Ouimet MC, Pradhan AK, Brooks-Russell A et al. Young drivers and their passengers: A systematic review of epidemiological studies on crash risk. J Adolesc Health. 2015; 57(1 Suppl): S24-35.e6. DOI:10.1016/j.jadohealth.2015.03.010.

[11] Preusser DF, Ferguson SA, Williams AF. The effect of teenage passengers on the fatal crash risk of teenage drivers. Accid Anal Prev. 1998; 30(2): 217–222.

[12] Villavicencio L, Svancara AM, Kelley-Baker T, Tefft BC. Passenger Presence and the Relative Risk of Teen Driver Death. J Adolesc Health. 2022; 70(5): 757–762. DOI:10.1016/j.jadohealth.2021.10.038.

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