Umweltbedingungen als Risikofaktor bei Motorradunfällen

Wetter- und Lichtverhältnisse sind relevante Risikofaktoren für das Motorradfahren. Motorradlenkende verzichten allerdings unter widrigen Umweltbedingungen häufig auf das Motorradfahren.

Ausgangslage

Die für die Sicherheit von Motorradfahrenden massgebenden Umweltbedingungen umfassen die Wetter- und Lichtverhältnisse. Niederschlag, Nebel sowie Dämmerung und Dunkelheit beeinträchtigen die Sicht der Motorradlenkenden, die eigene Erkennbarkeit wie auch die der anderen Verkehrsteilnehmenden sowie die Beschaffenheit der Strassenoberfläche. All das kann das Unfallrisiko erhöhen – sofern die Risiken nicht durch entsprechend vorsichtigeres Verhalten der Motorradlenkenden selbst oder der anderen Verkehrsteilnehmenden kompensiert werden.

Die Beschaffenheit der Strassenoberfläche ist von besonderer Bedeutung. Motorräder sind auf weniger Reifenauflagefläche angewiesen – nasse und glatte Strassen sind deshalb besonders gefährlich. Weiter beeinflusst das Wetter die Exposition, d. h. die Art und Menge der Mobilität [1]: Je besser das Wetter, desto mehr Motorradlenkende sind auf den Strassen unterwegs.

Verbreitung

Insgesamt werden die meisten Motorradkilometer bei Tageslicht und trockener Witterung zurückgelegt: 77 % der Jahresfahrleistung der Motorräder wird unter diesen Bedingungen gefahren [2]. Werden auch Fahrten am Tag bei schlechtem Wetter dazugezählt, liegt der Anteil der Kilometer bei 88 %. Bei schlechtem Wetter in der Nacht – also der hinsichtlich Sicherheit ungünstigsten Situation – werden lediglich 2 % der Jahreskilometer gefahren.

Gefährlichkeit

Wetter- und Lichtverhältnisse können das Unfallrisiko durch verschiedene Effekte erhöhen:

Beeinträchtigungen von Sicht und Sichtbarkeit

Dämmerung, Dunkelheit, Niederschlag oder Sonnenblendung führen zu verschiedenen Beeinträchtigungen der visuellen Wahrnehmung. Das führt dazu, dass Motorradfahrerinnen und Motorradfahrer Entfernungen und Geschwindigkeiten falsch einschätzen und Gefahren zu spät erkennen. Auch werden sie selbst oft zu spät gesehen. Durch die schmale Silhouette und meist nur einen Frontscheinwerfer sind Motorräder zusätzlich schwerer zu erkennen. All dies erhöht das Unfallrisiko [3].

Einfluss auf die Strassenoberfläche

Regen, Schnee, Eis und Frost wirken sich negativ auf die Strassenoberfläche aus, reduzieren den für eine sichere Spurführung elementaren Reibungskoeffizienten und erhöhen dadurch das Unfallrisiko. Der Bremsweg wird länger und die Reifen haften in Schräglagen bei Kurvenfahrten weniger gut [1].

Einfluss auf die Exposition

Das Wetter beeinflusst auch die Art und Menge der Mobilität. Bei schönem Wetter sind z. B. mehr Velo- und Motorradlenkende unterwegs als bei schlechtem Wetter. Dies führt bei schönem Wetter zu einer höheren Anzahl von Unfällen dieser Gruppen (kollektives Risiko), aber nicht zwingend zu einem höheren individuellen Risiko, in einen Unfall verwickelt zu werden [1].


Eine kilometerbereinigte Auswertung der Schweizer Verkehrsunfallstatistik zeigt, dass das Risiko, mit dem Motorrad bei Dunkelheit zu verunfallen, 1,5-mal höher ist als bei Fahrten am Tag [2,4]. Unfälle mit der Hauptursache Alkohol und Betäubungsmittel wurden in dieser Analyse nicht mitberücksichtigt. Es ist nicht auszuschliessen, dass ein Teil der betrachteten Unfälle bei Dunkelheit zusätzlich auch auf andere Risikofaktoren zurückzuführen ist (z. B. Alkohol, Drogen, Müdigkeit). 
Für Niederschlag (Regen, Schnee oder Hagel) im Vergleich zu keinem Niederschlag ergab die Analyse hingegen ein geringeres Unfallrisiko. Dies deutet darauf hin, dass die Motorradlenkenden ihr Verhalten den schlechten Bedingungen anpassen (z. B. langsamer fahren).

Unfallrelevanz

¾ aller schweren Personenschäden bei Motorradlenkenden ereignen sich bei schönem Wetter am Tag. Das entspricht der Exposition – dann finden auch 77 % der Fahrten statt.

Bei Dämmerung oder in der Nacht verunfallen pro Jahr rund 240 Motorradlenkende schwer, bei schlechtem Wetter 69 (Ø 2019–2023). Bei Dämmerung und nachts ist der Anteil der Schleuder- und Selbstunfälle höher als am Tag. Als Hauptursache dominiert das Fahren unter Alkoholeinfluss.

Auch bei schlechtem Wetter erhöht sich der Anteil der Schleuder- und Selbstunfälle. Als Hauptursache wird häufig nicht angepasste Geschwindigkeit registriert. Schlechte Lichtverhältnisse und Witterungsbedingungen sind bei Motorradunfällen eher wenig relevant: Unfallzahlen und Risikobewertung zeigen, dass Lenkende bei widrigen Umweltbedingungen häufig auf das Motorradfahren verzichten.

Insgesamt haben Wetter- und Lichtverhältnisse einen Einfluss auf das Unfallgeschehen von Motorradlenkenden, sind aber meistens nicht die Hauptunfallursache. Ungünstige Umweltbedingungen begünstigen aber kritische Kombinationen von Unfallursachen (z. B. Alkohol bei schlechten Fahrbahn- oder Sichtverhältnissen).

Quellen

[1] Institute for Road Safety Research SWOV. The impact of the weather; 2023. https://swov.nl/en/fact-sheet/impact-weather. 18.03.2024.

[2] Bundesamt für Statistik BFS, Bundesamt für Raumentwicklung ARE. ­Mobilitätsverhalten der Bevölkerung: Ergebnisse des Mikrozensus Mobilität und Verkehr 2021. Neuchâtel, Bern; 2023.

[3] Uhr A. Sicherheit durch Sichtbarkeit im Strassenverkehr. Bern: BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2021. Forschung 2.394. DOI:10.13100/BFU.2.394.01.2021.

[4] Bundesamt für Strassen ASTRA. Polizeilich registrierte Strassenverkehrsunfälle [Unveröffentlichte Datenbank]: ASTRA; 2024.

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