WissenMotorrad

Motorradunfälle: Unaufmerksamkeit und Ablenkung bei Motorradfahrenden

Unaufmerksamkeit/Ablenkung ist ein relevanter Risikofaktor für schwere Motorradunfälle: ⅓ der schweren Personenschäden bei Motorradfahrenden sind darauf zurückzuführen.
  • Ausgangslage
  • Verbreitung
  • Gefährlichkeit
  • Unfallrelevanz
  • Quellen
  • Ausgangslage
  • Verbreitung
  • Gefährlichkeit
  • Unfallrelevanz
  • Quellen

Ausgangslage

Ablenkung und Unaufmerksamkeit gehören zu den häufigsten Unfallursachen im Strassenverkehr. Dies betrifft auch Motorradlenkende.

Ablenkung wird durch äussere Reize (z. B. Handy, Musik, andere Personen) ausgelöst, die zu einer Verlagerung der Aufmerksamkeit führen. Unaufmerksamkeit umfasst dagegen die innere bzw. selbst erzeugte Ablenkung, z. B. durch abschweifende Gedanken oder Tagträume.

In den polizeilich registrierten Unfällen werden Unaufmerksamkeit und Ablenkung als unterschiedliche Unfallursachen erfasst. Wissenschaftliche Untersuchungen konzentrieren sich häufig nur auf die Ablenkung und dies bisher vor allem bei Autofahrerinnen und Autofahrern. Aber gerade bei Motorradfahrenden können Ablenkung und Unaufmerksamkeit sehr schnell verheerende Folgen haben.

Verbreitung

In der «E-Survey of Road user’s Attitudes» (ESRA) 2023 [1] gaben 19,5 % der Befragten Motorfahrzeuglenkenden in der Schweiz an, in den letzten 30 Tagen mindestens einmal während der Fahrt auf dem Smartphone eine Nachricht gelesen oder Social Media oder News überprüft zu haben. In den europäischen Ländern (inkl. Schweiz) zeigt sich, dass dies am häufigsten von der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen berichtet wurde (28,7 %).

Eine Studie zum selbstberichteten Ablenkungsverhalten unter 418 Motorradlenkenden in Spanien hat gezeigt, dass diese am häufigsten durch die Nutzung von Kartennavigation, das Hören von Radio oder Musik sowie das Einstellen von Fahrzeugfunktionen und -parametern abgelenkt sind. Die Verwendung des Handys kommt eher selten auf einem Motorrad vor [2]. Eine Abschätzung der Verbreitung von Unaufmerksamkeitsmomenten ist noch schwieriger – oft ist einem selbst gar nicht bewusst, dass man z. B. durch Gedanken an die Arbeit gerade unaufmerksam ist.

Gefährlichkeit

In der Studie mit 418 Motorradlenkenden in Spanien hat sich gezeigt, dass jede selbstberichtete Ablenkungsform mit einer höheren Anzahl selbstberichteter (Fahr-)Fehler verbunden war. Dies deutet darauf hin, dass Motorradlenkende nicht in der Lage sind, die Auswirkungen von Ablenkungen vollständig zu kompensieren und so Fehler auf verschiedenen Ebenen der Fahraufgabe begehen. Zudem wurde ein Zusammenhang zwischen Ablenkung und selbstberichteten Kollisionen festgestellt [2].

Naturalistic Driving Studies (NDS) zum Unfallrisiko von Motorradlenkenden aufgrund von Ablenkung sind keine bekannt. Im Gegensatz zu Fragebogenstudien basieren die Analysen in NDS auf dem tatsächlichen Verhalten von Motorradlenkenden im Strassenverkehr unter realen Bedingungen, was eine objektivere Grundlage für die Bewertung bietet.

Aus NDS bei Autofahrerinnen und Autofahrern ist allerdings bekannt, dass Ablenkung das Unfallrisiko deutlich erhöht – je nach Ablenkungsform unterschiedlich stark. Es kann davon ausgegangen werden, dass für Motorradfahrerinnen und -fahrer ähnliche Risiken bestehen, dann jedoch mit zusätzlichen Gefahren. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Motorräder im Vergleich zu Autos eine geringere Stabilität aufweisen und das Halten des Gleichgewichts eine höhere Konzentration erfordert. Auch die Verletzungsgefahr ist erhöht, da sie weniger geschützt sind als Autofahrerinnen und Autofahrer.

Unfallrelevanz

Pro Jahr werden bei von Motorradlenkenden durch Unaufmerksamkeit und Ablenkung verursachten Unfällen 158 Verkehrsteilnehmende schwer und 6 tödlich verletzt (Ø 2019–2023). Mehr als 90 % der Opfer sind die Verursachenden selbst. Wird Unaufmerksamkeit und Ablenkung auch als Mitursache gezählt, erhöht sich die Zahl der Schwerverletzten auf 344, jene der Getöteten auf 12. Häufigste Hauptursache in diesen zusätzlich gezählten Unfällen ist nicht angepasste oder überhöhte Geschwindigkeit.

Bei schweren Unfällen in der Ursachenkategorie «Unaufmerksamkeit und Ablenkung» wird in der Hälfte der Fälle eine «momentane Unaufmerksamkeit» registriert, in weiteren 34 % die mangelnde Fahrpraxis. Letztere Ursache wird vor allem bei den jüngeren Lenkenden im Alter von 18 bis 24 Jahren erfasst.

Unaufmerksamkeit und Ablenkung sind somit für fast ⅓ der schweren Personenschäden bei Motorradfahrenden (mit-)verantwortlich und haben damit eine hohe Unfallrelevanz.

Quellen

[1] Vias Institute. Switzerland – ESRA3 Country fact sheet. Brussels: Vias Institute; 2023 Version 2 (01/2024).

[2] Ledesma RD, Padilla J-L, Tosi JD et al. Motorcycle rider error and engagement in distracting activities: A study using the Attention-Related Driving Errors Scale (ARDES-M). Accid Anal Prev. 2023; 187: 107069. DOI:10.1016/j.aap.2023.107069.

[3] Truong LT, Nguyen HTT, Gruyter C de. Mobile phone use while riding a motorcycle and crashes among university students. Traffic Inj Prev. 2019; 20(2): 204–210. DOI:10.1080/15389588.2018.1546048.

`
)
  • Strasse und Verkehr
    • Statistik
    • Wissen
  • Services
    • Über das Portal
    • Forschungsmethodik
    • Glossar
    • Medien
    • Kontakt
    • Zur BFU-Website
  • DE
  • FR
  • IT
  • Impressum
  • Datenschutz