Ausgangslage
Die Strassenverkehrsinfrastruktur hat einen grossen Einfluss auf die Verkehrssicherheit. Sie wird jedoch dann zum Risikofaktor, wenn sie nicht normkonform ist und nach dem aktuellen Stand der Forschung und Technik geplant, projektiert und umgesetzt wird. Auch der Unterhalt und die Instandhaltung der Strasseninfrastrukturelemente spielen eine wichtige Rolle.
Die häufigsten Gefahrenstellen und Defizite der Strasseninfrastruktur lassen sich in drei Kategorien gliedern [1]:
- Fehlerhafte Systemkomponenten, z. B. zu schmaler Velostreifen oder nicht verankerte Leitplanke
- Falsche Systemkomponenten, z. B. Fussgängerstreifen anstatt einer Mittelinsel als Querungshilfe oder Kreuzung mit Rechtsvortritt anstatt Vortrittsregelung
- Fehlende Infrastrukturelemente, z. B. fehlendes Gefahrensignal, fehlende Leitplanke oder fehlende Fussgängerschutzinsel
All diese Elemente spielen eine wichtige Rolle für die Sicherheit der Verkehrsteilnehmenden aller Altersgruppen. Die Häufigkeit der Nutzung bestimmter Mobilitätsformen variiert je nach Altersgruppe, wodurch diese unterschiedlich stark den Risiken ausgesetzt sein können, die mit spezifischen infrastrukturellen Mängeln verbunden sind. Angesichts der grossen Altersgruppe der 25- bis 64-Jährigen wird jedoch davon ausgegangen, dass es keinen Unterschied zwischen dieser Altersgruppe und der Gesamtbevölkerung in Bezug auf die Exposition gegenüber Gefahrenstellen und Defiziten der Strasseninfrastruktur gibt.
Verbreitung
Es existiert keine umfassende Übersicht darüber, welcher Anteil der Infrastruktur auf Schweizer Strassen Gefahrenstellen und Defizite aufweist. Um dennoch Aussagen über die Verbreitung von infrastrukturellen Defiziten treffen zu können, kann auf die Resultate aus der Anwendung spezifischer Infrastruktur-Sicherheitsinstrumente (ISSI) zurückgegriffen werden.
Im Kanton Zürich beispielsweise werden die Ergebnisse aus der Road Safety Inspection (RSI, SN 641 723) systematisch dokumentiert und analysiert. Die häufigsten Sicherheitsdefizite der Strassen im Kanton Zürich bestehen in unzureichender Knotensichtweite (27 %), Aspekten der visuellen Linienführung (25 %), fehlerhafter Knotengeometrie (7 %), der Art und Geometrie der Velolängsführung (7 %) sowie in der mangelhaften Gestaltung von Fussgängerstreifen (5 %) [2].
Gefährlichkeit
Das Unfallrisiko, das durch infrastrukturelle Defizite an spezifischen Standorten entsteht, kann durch verschiedene Faktoren wie Wetterbedingungen oder Verkehrsdichte beeinflusst werden. Zusätzlich spielen die Einhaltung von Normen und gesetzlichen Vorgaben sowie die Umsetzung der darin enthaltenen Sicherheitsmassnahmen (z. B. bauliche Gestaltung, Tempolimits usw.) eine wichtige Rolle bei der Reduzierung dieses Risikos.
Es gibt allerdings keine aktuellen Studien, die eine quantitative und verlässliche Aussage über die Gefährlichkeit einzelner Defizite in der Strassenverkehrsinfrastruktur erlauben.
Unfallrelevanz
Unfälle sind multikausale Ereignisse. Die Unfallstatistik gibt keinen klaren Aufschluss darüber, in welchem Umfang einzelne Unfälle auf infrastrukturelle Mängel zurückzuführen sind. Zwar wird der «Zustand der Infrastruktur» als Unfallursache erfasst, jedoch ist davon auszugehen, dass bei zahlreichen weiteren Unfällen infrastrukturelle Defizite mitgewirkt haben – diesen Unfällen werden jedoch von der Polizei andere Hauptursachen wie z. B. überhöhte Geschwindigkeit oder Zustand des Fahrers, der Fahrerin zugeschrieben.
Die fehlerhafte Gestaltung von Fussgängerquerungsstellen, Knoten oder von Velolängsführungen birgt erhebliche Risiken, tritt jedoch meist in den Hintergrund, wenn sich die Unfallursachen überlagern und beispielsweise eine Fussgängerin von einem alkoholisierten PW-Lenker angefahren wird.
Gemäss der Unfallstatistik wurde in den Jahren 2019 bis 2023 der «Zustand der Infrastruktur» von der Polizei bei 1,4 % der schweren oder tödlichen Unfälle als Hauptursache registriert. Bei den schwer verunfallten 25- bis 64-Jährigen lag dieser Anteil mit 1,8 % leicht höher.
Bei einigen weiteren Unfällen wird davon ausgegangen, dass infrastrukturelle Defizite zur Entstehung der Unfälle beitragen, unter anderem bei Kollisionen mit Objekten im oder neben dem Fahrbahnraum wie z. B. Mittelinseln/Inselpfosten, Bäumen oder Schildern/Masten/Pfosten. Diese Gestaltungselemente können aber auch den Schweregrad von Unfällen erhöhen, die eine andere Hauptursache haben. Sie sind demnach nicht fehlerverzeihend. Zu welchem Anteil infrastrukturelle Defizite Unfälle verursachen oder deren Schweregrad erhöhen, ist jedoch nicht genau bekannt. Insgesamt machen Kollisionen mit solchen Gestaltungselementen 7 % der schweren Unfälle aus. Auch bei den schwer verunfallten 25- bis 64-Jährigen beträgt der Anteil dieser Kollisionen 7 %.
Quellen
[1] Walter E, Achermann Stürmer Y, Ewert U et al. Personenwagen-Lenkende und -Mitfahrende. Bern: BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2015. Sicherheitsdossier Nr. 13.
[2] Ringel L. Road Safety Inspection Jahresbericht 2023. Zürich: Baudirektion, Tiefbauamt; 2023.Ringel L. Road Safety Inspection Jahresbericht 2023. Zürich: Baudirektion, Tiefbauamt; 2023.