Fahrzeugtechnische Eigenschaften als Risikofaktor für Verkehrsunfälle von Jugendlichen
Ausgangslage
Sowohl die Sicherheit der Fahrzeuglenkenden als auch die der potenziellen Kollisionsgegnerinnen und Kollisionsgegner wird durch die Eigenschaften eines Fahrzeugs beeinflusst. Eine detaillierte Übersicht dieser Eigenschaften ist hier zu finden.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass bei Personenwagen (PW) insbesondere das Fahrzeuggewicht, die Motorisierung, der Aufbau der Karosserie und der Zustand der technischen Ausstattung eine Rolle spielen.
Motorisierte und nicht motorisierte Zweiräder zeichnen sich durch eine schmale Silhouette aus, die ihre Sichtbarkeit im Verkehr erschwert. Das Fehlen einer Fahrgastzelle und einer Knautschzone erhöht die Verletzlichkeit der Fahrzeuginsassen erheblich. Auch E-Trottinette weisen neben der ebenfalls fehlenden Fahrgastzelle und Knautschzone spezifische Risikofaktoren auf. Die kleinen Räder erhöhen die Sturzgefahr, insbesondere auf unebenem Untergrund oder an Absätzen. Schlechte Beleuchtung und fehlende Blinker führen zu weiteren Sicherheitsproblemen.
Nutzerinnen und Nutzer von Zweirädern, E-Trottinetten sowie Fussgängerinnen und Fussgänger gelten als «verletzliche Verkehrsteilnehmende», da sie einerseits wenig geschützt sind und andererseits der Gewichtsunterschied zu Personenwagen oder beispielsweise Lastwagen sehr gross ist [1].
Jugendliche zwischen 15 und 17 Jahren werden in der Schweiz bei Motorradunfällen im Vergleich zu anderen Altersgruppen besonders häufig schwer verletzt. Hingegen verunfallen sie mit langsameren Verkehrsmitteln deutlich seltener schwer als die anderen Altersgruppen.
Verbreitung
Wie häufig und über welche Distanzen 15- bis 17-Jährige in der Schweiz mit dem Motorrad unterwegs sind, lässt sich nur schwer abschätzen. Gemäss den Daten des Mikrozensus Mobilität und Verkehr 2021 legen die 6- bis 17-Jährigen in der Schweiz durchschnittlich 0,2 km pro Person und Tag auf einem Motorrad zurück [2].
Dieser Wert dürfte jedoch die tatsächliche Nutzung der 15- bis 17-Jährigen deutlich unterschätzen, da erst ab einem Alter von 15 Jahren Kleinmotorräder und ab 16 Jahren Motorräder mit maximal 125 cm³ und einer Leistung von maximal 11 kW gefahren werden dürfen. Daher ist davon auszugehen, dass ihre durchschnittliche tägliche Fahrstrecke eher dem Wert der 18- bis 24-Jährigen von 0,7 km pro Person entspricht [2]. Zum Vergleich: 6- bis 17-Jährige legen täglich durchschnittlich 11,2 km in einem Auto, 0,8 km mit dem Velo und 1,6 km zu Fuss zurück [2].
Derzeit fehlen verlässliche statistische Daten über den technischen Zustand oder beispielsweise den Motorisierungsgrad der von Jugendlichen genutzten Fahrzeuge in der Schweiz. Insgesamt ist die Zahl der zugelassenen schweren und leistungsstarken Personenwagen wie SUV und Elektroautos in den letzten zehn Jahren deutlich gestiegen. Es ist davon auszugehen, dass auch immer mehr Jugendliche als Passagiere in solchen Fahrzeugen mitfahren.
Gefährlichkeit
Bezogen auf die zurückgelegte Strecke weisen Motorradfahrende die höchste Unfallrate auf, gefolgt von E-Bike-Fahrenden, Velofahrenden sowie Fussgängerinnen und Fussgängern. Während die Anzahl Getöteter und Schwerverletzter pro 100 Mio. Personenkilometer im Jahr 2021 bei den Motorradfahrenden 107 betrug, waren es bei den E-Bike-Fahrenden 87, bei den Velofahrenden 39 und bei den Fussgängerinnen und Fussgängern 10; bei den PW-Insassinnen und -Insassen war es 1 Person [3]. Jugendliche sind auf Motorrädern (alle Kategorien) besonders gefährdet – ihr Risiko, pro gefahrenen Kilometer schwer verletzt oder getötet zu werden, ist höher als bei allen anderen Altersgruppen [4].
Zudem ist das Risiko der 15- bis 17-Jährigen, pro gefahrenen Kilometer in einem Personenwagen schwer zu verunfallen, höher als bei den Kindern oder bei den 25- bis 64-Jährigen, aber niedriger als bei den jungen Erwachsenen [4]. Die zunehmende Verbreitung leistungsstärkerer und grösserer Fahrzeuge, u. a. durch die zunehmende Elektrifizierung, könnte die Unfallschwere in Zukunft auch bei den Jugendlichen beeinflussen.
Unfallrelevanz
Von 2019 bis 2023 geschahen 57 % der schweren Unfälle von Jugendlichen mit dem Motorrad, unabhängig davon, ob sie als Lenkende oder Passagiere beteiligt waren. Zum Vergleich: Bei den 18- bis 24-Jährigen waren es 44 % und bei den 25- bis 64-Jährigen 29 %. Betrachtet man nur die jugendlichen Lenkenden, so geschahen 61 % ihrer schweren Unfälle mit dem Motorrad.
Quellen
[1] Shinar D. Traffic safety and human behavior. 2nd ed. Bingley: Emerald Group Publishing Limited; 2017.
[2] Bundesamt für Statistik BFS, Bundesamt für Raumentwicklung ARE. Mobilitätsverhalten der Bevölkerung: Ergebnisse des Mikrozensus Mobilität und Verkehr 2021. Neuenburg: BFS; ARE; 2023. 11 Mobilität und Verkehr 840-2100.
[3] Hertach P, Uhr A, Achermann Stürmer Y et al. Sinus 2024: Sicherheitsniveau und Unfallgeschehen im Strassenverkehr 2023. Bern: BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2024. DOI:10.13100/bfu.2.536.01.2024.
[4] Uhr A, Ewert U, Niemann S et al. Sicherheit von Jugendlichen im Strassenverkehr. Bern: BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2018. Sicherheitsdossier Nr. 17. DOI:10.13100/bfu.2.336.01.