Ausgangslage
Illegale Drogen und Medikamente können die Fahrfähigkeit reduzieren. Drogen werden nach ihrer Wirkung in drei Gruppen eingeteilt:
- Sedierend (z. B. Heroin)
- Stimulierend (z. B. Kokain)
- Halluzinogen (z. B. LSD)
Je nach Substanz kann der Konsum zu Schläfrigkeit oder verlängerten Reaktionszeiten, aber auch zu risikoreicherem Verhalten führen [1].
Etwa ein Fünftel der zugelassenen Medikamente kann die Fahrfähigkeit beeinträchtigen [2]. Medikamente können die visuellen, kognitiven und motorischen Fähigkeiten beeinflussen, die für das Lenken eines PWs erforderlich sind.
Bei vielen Medikamenten ist die Einschränkung der Fahrfähigkeit auf ihre sedierende Wirkung zurückzuführen, d. h. auf die Dämpfung des zentralen Nervensystems. Dies äussert sich z. B. in Schläfrigkeit, verlängerten Reaktionszeiten oder Konzentrationsschwäche. Aber auch stimulierende Medikamente können die Fahrfähigkeit beeinträchtigen (z. B. psychoaktive Substanzen) [3]. Auf der anderen Seite ermöglichen Medikamente in bestimmten Fällen überhaupt erst die Teilnahme am Strassenverkehr.
Insgesamt hat sich der gleichzeitige Konsum mehrerer Substanzen (Kombinationen aus Drogen und Medikamenten) als besonders gefährlich erwiesen.
Verbreitung
Drogen- und Medikamentenkonsum bei PW-Lenkenden
In der Bevölkerungsbefragung 2023 der BFU gaben rund 0.5 % der Lenkerinnen und Lenker von Personenwagen an, gelegentlich oder oft nach dem Konsum von Drogen Auto zu fahren. 0.7 % gaben an, dies selten zu tun. Rund 2 % der befragten Autolenker gaben an, gelegentlich oder oft nach der Einnahme von Medikamenten zu fahren, die laut Packungsbeilage die Fahrfähigkeit beeinflussen können. 11,1 % gaben an, dies selten zu tun [6].
In der «E-Survey of Road Users’ Attitudes» (ESRA) 2023 gaben 6,7% der Befragten in der Schweiz an, in den letzten 30 Tagen mindestens einmal nach dem Konsum von Drogen Auto gefahren zu sein. 11,4 % der Befragten gaben an, in den letzten 30 Tagen mindestens einmal nach dem Konsum von Medikamenten Auto gefahren zu sein, die die Fahrfähigkeit einschränken können [7].
2005 wurde eine gesamtschweizerische Studie durchgeführt, in der ausschliesslich auffällige und verunfallte Fahrzeuglenkende untersucht wurden [8]. In die schweizweite Studie wurden insgesamt fast 4800 Personen einbezogen, davon 89 % Männer. Rund 65 % der Lenkenden wurden untersucht, weil sie durch ihr Fahrverhalten oder bei einer Routinekontrolle aufgefallen waren, bei etwa einem Drittel war ein Unfall passiert.
In 89 % der untersuchten Blutproben wurde mindestens eine psychoaktive Substanz nachgewiesen. In fast der Hälfte der Proben wurden Cannabinoide (THC, THC-COOH, 11-OH-THC) nachgewiesen (48 %), in etwa einem Drittel Alkohol (35 %), in einem Viertel Kokain bzw. Metabolite davon (25 %). Opiate, Amphetamine, Benzodiazepine und Methadon wurden in jeweils 5–10 % der Fälle nachgewiesen. Andere Medikamente wie Antidepressiva oder benzodiazepinähnliche Substanzen wurden in weniger als 2 % der Fälle nachgewiesen [2].
Gefährlichkeit
Das Risiko, bei einem Unfall verletzt oder getötet zu werden, variiert je nach Art der Substanz. Im Folgenden ist das Gefahrenpotenzial von Drogen, Medikamenten und dem Mischkonsum am Steuer von Personenwagen aufgelistet [1] (siehe Hinweis 2).
Beispiel: Der Mischkonsum von Drogen und Medikamenten von PW-Lenkenden führt zu einem mindestens vier- bis über achtmal höheren Unfallrisiko.
Drogen: 1 (bis 8 +)
- Cannabis: 1 (bis < 4)
- Amphetamine: > 4 (bis 8 +)
- Kokain: 1,2 (bis < 4)
Medikamente: 1 (bis < 8)
- Benzodiazepine, Z-Medikamente: 1 (bis < 8)
- Antidepressiva: 1,2 bis < 2
- Opioide (illegal und legal): 1 (bis < 8)
Mischkonsum: 4 (bis 8 +)
Das hier dargestellte Gefahrenpotenzial basiert auf den Odds Ratio (siehe Hinweis 1) verschiedener Metaanalysen (siehe [1]). Die Bereiche der Odds Ratios sind in Klammern angegeben, da in den verschiedenen Metaanalysen unterschiedliche Werte gefunden wurden und diese mit gewissen Unsicherheiten behaftet sind.
Unfallrelevanz
In der offiziellen Verkehrsunfallstatistik sind rund 2,1 % der Schwerverletzten und Getöteten bei Unfällen, die von PW-Lenkenden verursacht wurden, auf deren Drogen- oder Medikamentenkonsum zurückzuführen (Haupt- oder Mitursache, Ø 2018–2022).
Als Hauptursache ist der Drogen- oder Medikamentenkonsum für 1,8 % der schweren Personenschäden verantwortlich, die durch Lenkerinnen und Lenkern von Personenwagen verursacht werden. Da der Konsum von Drogen oder Medikamenten von verunfallten Lenkenden nicht in jedem Fall von der Polizei entdeckt wird, muss bei den amtlichen Unfalldaten von einer Dunkelziffer ausgegangen werden [9]. Das bedeutet, dass der Konsum von Drogen oder Medikamenten als Unfallursache in der Realität wahrscheinlich höher ist.
Drogen
Bei 1,3% der Unfälle mit schweren Personenschäden, die von PW-Lenkenden verursacht wurden, waren Drogen die Hauptunfallursache (Ø 2018–2022). Bei knapp 80 % dieser Unfälle wurden Personen schwer verletzt, bei 10 % getötet.
Bei mehr als der Hälfte der Unfälle wurden nicht die PW-Lenkenden selbst, sondern andere Unfallbeteiligte (inkl. Mitfahrende) schwer verletzt oder getötet, am häufigsten Mitfahrende oder Insassinnen und Insassen anderer Personenwagen (71 %). Der Anteil der drogenbedingten Unfälle mit schwerem Personenschaden ist bei den 18- bis 44-Jährigen mit 75 % am höchsten. Dabei handelt es sich mehrheitlich um Schleuder- und Selbstunfälle (66 %). Die Unfallverursacher sind häufiger männlich (72 %).
Medikamente
Bei 0,6 % der Unfälle mit schweren Personenschäden, die von PW-Lenkenden verursacht wurden, waren Medikamente die Hauptunfallursache (Ø 2018–2022). Bei 89 % dieser Unfälle wurden Personen schwer verletzt, bei 11 % getötet.
Der Anteil der medikamentenbedingten Unfälle mit schweren Personenschäden ist bei den 65-Jährigen und älteren mit 44 % am höchsten. Die Unfallverursacher sind häufiger männlich (65 %). Die meisten medikamentenbedingten Unfälle mit schweren Personenschäden ereigneten sich tagsüber (87 %).
Insgesamt lässt sich aus der Unfallstatistik ableiten, dass Drogen mehr Opfer fordern als Medikamente, wobei keine Aussage darüber möglich ist, welche Drogen und Medikamente involviert waren. Zudem ist der Anteil der schweren Personenschäden, die von PW-Lenkenden aufgrund von Drogen- und Medikamentenkonsum verursacht werden, im Vergleich zu anderen Unfallursachen – z. B. Alkohol – relativ gering.
Hinweise
- Die Odds Ratio (OR) gibt an, um wie viel sich die Chance (Englisch: odds) für das Eintreten eines Ereignisses durch einen Einflussfaktor verändert. Zur Berechnung werden in einem ersten Schritt die Odds für ein Ereignis bei Vorhandensein des Einflussfaktors und die Odds für ein Ereignis bei Nichtvorhandensein des Einflussfaktors berechnet «Odds» sind definiert als das Verhältnis der Wahrscheinlichkeit, dass ein Ereignis eintritt, zu der Wahrscheinlichkeit, dass es nicht eintritt). Diese beiden Odds werden dann zueinander ins Verhältnis gesetzt (Odds Ratio). Wie das relative Risiko kann auch die Odds Ratio einen Wert zwischen 0 und unendlich annehmen. Auch hier weist eine OR > 1 auf einen positiven Zusammenhang hin [1].
- Die Originalquellen und eine ausführliche Darstellung der Metaanalysen zur Bestimmung der Gefährlichkeit finden sich bei [1].
Quellen
[1] Hertach P, Uhr A, Niemann S et al. Beeinträchtigte Fahrfähigkeit von Motorfahrzeuglenkenden. Bern: BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2020. Sicherheitsdossier 2.361. DOI:10.13100/BFU.2.361.01.
[2] Oesch-Storch S, Dommer Schwaller J. Teil II: Sicheres Fahren mit Medikamenten. pharmActuel. 2018; 2018(4): 22–43.
[3] Leblud J. Driving under the influence: Legal and illegal drugs, European road safety decision support system. Developed by the H2020 project SafetyCube; 2017.
[4] Bundesamt für Statistik BFS. Schweizerische Gesundheitsbefragung: Ergebnisse 2022: Tabelle Drogenkonsum insgesamt. Neuenburg: Bundesamt für Statistik BFS; 2024.
[5] Bundesamt für Statistik BFS. Schweizerische Gesundheitsbefragung: Ergebnisse 2022: Konsum von Psychopharmaka; 2024. https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/aktuell/neue-veroeffentlichungen.assetdetail.30305831.html. 05.03.2024.
[6] BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung. BFU-Bevölkerungsbefragung 2023: Jährlich wieder-kehrende Befragung der Schweizer Wohnbevölkerung zu Themen im Bereich der Nichtberufs-unfälle [Unveröffentlichter Bericht]. Bern: BFU; 2023.
[7] Vias Institute. Switzerland – ESRA3 Country Fact Sheet. ESRA3 survey (E-Survey of Road Users’ Attitudes). Version 2 (01/2024): Vias Institute; 2023.
[8] Senna M-C, Augsburger M, Aebi B et al. First nationwide study on driving under the influence of drugs in Switzerland. Forensic Sci Int. 2010; 198(1-3): 11–16. DOI:10.1016/j.forsciint.2010.02.014.
[9] Vissers L, Houwing S, Wegman F. Alcohol-related road casualties in official crash statistics. Pa-ris: International Transport Forum ITF; 2017.