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Aus- und Weiterbildung zur Prävention von Verkehrsunfällen von jungen Erwachsenen

Allgemeine wie fahrbezogene Aus- und Weiterbildungen können zur Verkehrssicherheit junger Erwachsener beitragen, ihr Einfluss auf das Unfallgeschehen ist jedoch bisher empirisch nicht eindeutig nachgewiesen.
  • Einleitung
  • Aktuelle Situation
  • Präventionsnutzen
  • Optimierungspotential
  • Fazit
  • Quellen
  • Einleitung
  • Aktuelle Situation
  • Präventionsnutzen
  • Optimierungspotential
  • Fazit
  • Quellen

Einleitung

Aus- und Weiterbildungen umfassen Kurse und Trainings, die darauf abzielen, sicheres Verhalten im Strassenverkehr zu fördern. Dies wird erreicht, indem Wissen und Verständnis vermittelt, Fähigkeiten durch Training und praktische Erfahrungen entwickelt und sicherheitsfördernde Einstellungen gestärkt werden [1].

Die Ausbildung dient der Erlangung grundlegender Kompetenzen und Qualifikationen, beispielsweise für Kinder oder Fahranfängerinnen und Fahranfänger. Die Weiterbildung hingegen zielt darauf ab, die bestehenden Kenntnisse und Fähigkeiten erfahrener Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer zu erweitern oder zu aktualisieren.

Die Aus- und Weiterbildung in der Verkehrssicherheitsarbeit umfasst verschiedene Zielgruppen und Ansätze, z. B. die institutionalisierte Verkehrsbildung für Kinder, die Fahrausbildung im motorisierten Individualverkehr oder freiwillige Kurse für E-Bike-Fahrende und Seniorinnen und Senioren.

Aktuelle Situation

Die institutionalisierte Verkehrsbildung konzentriert sich heute primär auf den Kindergarten- und Primarschulbereich. Nach Abschluss der obligatorischen Schulzeit fehlen flächendeckende Programme zur Verkehrserziehung [2]. Rund zwei Drittel der 18- bis 24 -Jährigen absolvieren zwar die Fahrausbildung für Personenwagen (PW) [3]. Umgekehrt wird aber rund ein Drittel der jungen Erwachsenen durch bestehende Aus- oder Weiterbildungsgefässe kaum mehr mit Unfallprävention erreicht.

Die Fahrausbildung zum Lenken von Personenwagen gliedert sich in mehrere Phasen. Sie beginnt mit einer theoretischen Ausbildung und praktischen Fahrstunden (siehe Hinweis 1)  resp. praktischem Üben, gefolgt von der praktischen Prüfung (Art. 15 SVG; Art. 10, 13, 17, 18, 19, 22 VZV) [4,5]. Nach Erhalt des Führerausweises auf Probe ist ein obligatorischer Weiterbildungskurs im Rahmen der Zweiphasenausbildung innerhalb von 12 Monaten vorgeschrieben. Die Probezeit dauert drei Jahre (Art. 15a Abs. 1 SVG; Art. 27c VZV) [4,5].

Auch im Rahmen der Fahrausbildung für Motorräder – insbesondere in den Kategorien A1 und A – sind Bildungsinhalte integriert, die zur Förderung von sicherheitsbewusstem Verhalten beitragen.

Präventionsnutzen

Intuitiv ist anzunehmen, dass Aus- und Weiterbildungen das Verhalten von Verkehrsteilnehmenden positiv beeinflussen und letztlich die Verkehrssicherheit verbessern. Aus empirischer Sicht ist die Wirksamkeit bis heute jedoch nicht eindeutig belegt. Zum einen gibt es nur wenige qualitativ hochwertige Studien zur Wirksamkeit von Aus- und Weiterbildungsprogrammen. Zum anderen zeigen die verfügbaren Studien meist keinen deutlichen Zusammenhang mit dem Unfallrisiko. Dies wäre allerdings auch kaum feststellbar, da Unfälle letztlich seltene Ereignisse [1,6] und oft multifaktoriell bedingt sind.

In Bezug auf das Unfallgeschehen konnte gesamthaft betrachtet noch kein deutlicher Sicherheitsnutzen aufgezeigt werden. Neben methodischen Hürden dürfte dies auch damit zusammenhängen, dass viele Aus- und Weiterbildungen zu stark auf die Fahrzeugkontrolle und das Fahren unter normalen Verkehrsbedingungen eingehen und häufige Unfallursachen von jungen Fahranfängerinnen und Fahranfängern vernachlässigen (z. B. Gefahrenwahrnehmung, Ablenkung, unangepasste Geschwindigkeit) [6].

Studien zeigen ausserdem, dass Eltern eine wichtige Rolle für das Fahrverhalten von jungen Autolernfahrenden spielen. Eltern, die als positive Vorbilder agieren, klare Regeln aufstellen und die Fahrweise ihrer Kinder aktiv begleiten und überwachen, tragen dazu bei, dass diese sicherer fahren und seltener in Unfälle verwickelt sind [7–10].

Optimierungspotential

Ein wichtiger Ansatz zur Verbesserung der Fahraus- und -weiterbildungsangebote ist die stärkere Berücksichtigung der höheren Ebenen der GDE-Matrix (Goals for Driver Education) [11–15]. Viele Programme fokussieren derzeit noch zu stark auf die unteren Ebenen der Matrix wie Fahrzeugkontrolle und Verhalten in Verkehrssituationen, während die höheren Ebenen – z. B. die Reflexion über eigene Fahrmotive, Risikobereitschaft und Selbstkontrolle – oft vernachlässigt werden, obwohl sie entscheidend sind für die Verkehrssicherheit [13,14]. Ebenfalls besteht noch Potenzial beim Training der Gefahrenerkennung, das interaktiv z. B. am Laptop, mit VR-Brille oder im Fahrsimulator geübt werden kann [6].

Massnahmen, die sich im Jugendalter im Zusammenhang mit Eltern und Peers als wirksam erwiesen haben, dürften auch auf junge Erwachsene übertragbar sein [16]. Eltern sollten beispielsweise ermutigt werden, mit Ihren Kindern über ihre Erlebnisse als PW-Lenkende und -Mitfahrende zu sprechen, klare Leitlinien zu setzen und über alternative Transportmöglichkeiten zu diskutieren. Programme und Systeme, welche die Eltern dazu ermutigen, das Fahrverhalten ihrer Kinder zu überwachen und zu regulieren (z. B. im Rahmen der stufenweisen Führerscheinvergabe [Graduated Driver Licensing], technische Monitoringgeräte oder Interventionsprogramme für Eltern), scheinen sinnvoll zu sein [16,17]

Peers üben auf junge Erwachsene einen grossen Einfluss aus – sowohl positiv als auch negativ [16,17]. Zu den negativen Effekten zählen beispielsweise Gruppendruck, Ablenkung oder gefährliches Verhalten im Strassenverkehr, während positive Effekte etwa in Form von Ermutigung oder vorbildlichem Verhalten eines Peers auftreten können.

Präventionsmassnahmen sollten diesen Einfluss gezielt berücksichtigen – etwa durch die Stärkung der Widerstandsfähigkeit gegenüber Gruppendruck, durch von Peers geleitete Interventionen oder durch die Förderung positiven Peer-Verhaltens. Schulungen, die diese Aspekte integrieren, können wirksam sein; ihre Umsetzung ist jedoch anspruchsvoll und erfordert eine angemessene Ausbildung der vermittelnden Personen [17].

Fazit

Aus- und Weiterbildungen tragen grundsätzlich zur Verkehrssicherheit bei. Ihre Wirkung auf das Unfallrisiko – sowohl bei jungen Erwachsenen als auch bei anderen Verkehrsteilnehmenden – ist empirisch bislang jedoch nicht eindeutig belegt.

Ein zentraler Ansatz zur Optimierung besteht in der stärkeren Berücksichtigung der höheren Ebenen der GDE-Matrix, etwa Selbstreflexion, Risikobereitschaft oder Selbstkontrolle. Besonders für die Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen haben Programme Potenzial, die Eltern aktiv einbeziehen oder mit Peer-Ansätzen arbeiten, da soziale Einflüsse in dieser Lebensphase eine wichtige Rolle spielen.

Quellen

[1] Institute for Road Safety Research SWOV. Traffic education. The Hague, NL: SWOV; 2024. SWOV Fact sheet.

[2] Baehler D, Badan S. Die Verkehrsinstruktion in in der Schweiz – Fokus Velo. Bern; 2022. Materialien Langsamverkehr Nr. 158.

[3] Bundesamt für Statistik BFS, Bundesamt für Raumentwicklung ARE. Mobilitätsverhalten der Bevölkerung: Ergebnisse des Mikrozensus Mobilität und Verkehr 2021. Neuenburg: BFS; ARE; 2023. 11 Mobilität und Verkehr 840-2100.

[4] Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG; SR 741.01).

[5] Verordnung über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr vom 27. Oktober 1976 (Verkehrszulassungsverordnung, VZV, SR 741.51).

[6] Institute for Road Safety Research SWOV. Driver training and driving tests: SWOV; 2019. SWOV Fact sheet.

[7] Shope JT, Bingham CR. Teen driving: Motor-vehicle crashes and factors that contribute. Am J Prev Med. 2008; 35(3 Suppl): S 261-S 271. DOI:10.1016/j.amepre.2008.06.022.

[8] Taubman-Ben-Ari O, Katz-Ben-Ami L. The contribution of family climate for road safety and social environment to the reported driving behavior of young drivers. Accident; analysis and prevention. 2012; 47: 1–10. DOI:10.1016/j.aap.2012.01.003.

[9] Hartos JL, Simons-Morton BG, Beck KH, Leaf WA. Parent-imposed limits on high-risk adolescent driving: are they stricter with graduated driver licensing? Accident; analysis and prevention. 2005; 37(3): 557–562. DOI:10.1016/j.aap.2005.01.008.

[10] Simons-Morton B, Hartos JL, Leaf WA, Preusser DF. Do recommended driving limits affect teen-reported traffic violations and crashes during the first 12 months of independent driving? Traffic injury prevention. 2006; 7(3): 238–247. DOI:10.1080/15389580600668842.

[11] Engström I, Gregersen N-P, Hernetkoski K et al. Young novice drivers, driver education and training: Literature review. Linköping: Swedish National Road and Transport Research Institute VTI; 2003. VTI rapport 491A.

[12] Bartl G, Baughan CJ, Fougère J-P et al. Description and analysis of post-licence driver and rider training: The EU ADVANCED-Project Final report. Rijswjik, NL: Commission Internationale des Examens de Conduite Automobile CIECA; 2002.

[13] Cavegn M, Walter E, Scaramuzza G et al. Evaluation der Zweiphasenausbildung: Schlussbericht zuhanden des Bundesamts für Strassen (ATRA). Bern: BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2012.

[14] Berbatovci H. Wirksamkeit von freiwilligen Motorradkursen. Bern: BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2019. Forschung 2.369. DOI:10.13100/BFU.2.369.01.2019.

[15] Hertach P, Uhr A, Ewert U et al. Sicherheit von jungen Erwachsenen im Strassenverkehr. Bern: BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2019. Sicherheitsdossier Nr. 18. DOI:10.13100/bfu.2.349.01.

[16] Uhr A, Ewert U, Niemann S et al. Sicherheit von Jugendlichen im Strassenverkehr. Bern: BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung; 2018. Sicherheitsdossier Nr. 17. DOI:10.13100/bfu.2.336.01.

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