Fussgängerunfälle: Regelmissachtungen durch Fussgängerinnen und Fussgänger

74 % aller von Fussgängerinnen und Fussgängern verursachten Unfälle mit schweren Personenschäden sind auf Regelmissachtungen zurückzuführen.

Ausgangslage

Regelmissachtungen und Regelverstösse umfassen sowohl bewusste als auch unbewusste Verhaltensweisen, die gegen das Strassenverkehrsrecht verstossen. Dazu zählen unter anderem das Fahren mit nicht angepasster Geschwindigkeit ((Link auf Unterseite)), das Fahren unter Alkohol- oder Drogeneinfluss ((Link auf Unterseite)), Ablenkung ((Link auf Unterseite)) sowie die Missachtung des Vortritts ((Link auf Unterseite)). Diese gehören zu den häufigsten Unfallursachen und werden auf eigenen Themenseiten behandelt.

Weitere Verstösse durch Fussgängerinnen und Fussgänger sind z. B. das Überqueren der Strasse bei Rot oder das Nichtbenützen des Fussgängerstreifens und des Trottoirs. Im Folgenden wird der Fokus auf diese Art von Verstössen gelegt.

Es gibt viele Gründe, warum sich Fussgängerinnen und Fussgänger nicht an die Regeln halten [1]. Eine zentrale Rolle spielt die Einstellung gegenüber Regeln. Besonders problematisch sind bewusste Regelmissachtungen: Man akzeptiert die Regel nicht und fürchtet keine Konsequenzen.

Regelmissachtungen passieren aber auch trotz Akzeptanz. Sie können unbewusst oder opportunistisch sein, wobei die Situation eine entscheidende Rolle spielt. Gründe für opportunistische Regelmissachtungen sind z. B. soziale Einflüsse («Alle machen es»), konkurrierende Motive (z. B. Eile), fehlender Überwachungsdruck oder der situative Aufforderungscharakter (z. B. Strassengestaltung).

Verbreitung

Regelwidriges Verhalten von Fussgängerinnen und Fussgängern kommt relativ häufig vor. In der BFU-Bevölkerungsbefragung 2022 gaben 61 % der Befragten an, zumindest selten bei Rot die Strasse zu überqueren, und 77 % nutzten mindestens selten keinen Fussgängerstreifen, obwohl ein solcher in der Nähe war [2].

Ähnliche Tendenzen zeigten sich in der «E-Survey of Road users’ Attitudes» (ESRA) 2023: 65 % der Befragten in der Schweiz gaben an, in den letzten 30 Tagen mindestens einmal die Strasse überquert zu haben, ohne den Fussgängerstreifen zu benützen (obwohl einer in der Nähe gewesen wäre), und 44 % gaben an, in den letzten 30 Tagen mindestens einmal die Strasse bei Rot überquert zu haben [3].

Gefährlichkeit

Untersuchungen zum Unfallrisiko durch regelwidriges Verhalten – also wie häufig regelwidriges Verhalten von Fussgängerinnen und Fussgängern tatsächlich zu Unfällen führt – gibt es nur wenige und wenn, dann vor allem im Zusammenhang mit dem Überqueren von Strassen.

Eine ältere australische Studie zeigte, dass sowohl das Überqueren bei Rot als auch das Überqueren an einer Stelle ohne Fussgängerstreifen mit einem rund 8-mal höheren Unfallrisiko pro Überquerung verbunden ist als das legale Überqueren an signalisierten Kreuzungen [4]. Mehrere Studien liefern zudem Hinweise, dass regelwidriges Verhalten von Fussgängerinnen und Fussgängern mit schwereren Kollisionen bzw. einer Zunahme schwerer Verletzungen einhergeht [5,6]. 

Gemäss Schweizerischer Unfallstatistik werden 27 % der wegen regelwidrigen Verhaltens verunfallten Fussgängerinnen und Fussgänger schwer oder tödlich verletzt. 73 % werden leicht verletzt (Ø 2019–2023).

Unfallrelevanz

Die Unfallrelevanz von regelwidrigem Verhalten ist hoch: 74 % aller von Fussgängerinnen und Fussgängern verursachten Unfälle mit schweren Personenschäden sind auf regelwidriges Verhalten zurückzuführen (siehe Hinweis 1).

Bei diesen Unfällen werden 121 Verkehrsteilnehmende schwer verletzt oder getötet (Ø 2019–2023). 87 % der Opfer sind die Verursachenden selbst. Knapp ⅓ der Verursachenden sind Kinder (bis 14 Jahre), ⅕ Seniorinnen und Senioren ab 65 Jahren. 57 % sind Männer. Der häufigste Unfalltyp ist die Kollision zwischen einem Fahrzeug und einer querenden Person im Innerortsbereich. 85 % der Unfälle ereignen sich abseits von Fussgängerstreifen.

Hinweise

  1. Als regelwidriges Verhalten wurden die Ursachenuntergruppen 21, 24, 25, 29 gemäss UAP 2018 des Bundesamts für Strassen (ASTRA) [7] definiert.

Quellen

[1] Rössger L, Schade J, Schlag B, Gehlert T. Verkehrsregelakzeptanz und Enforcement. Berlin: Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. GDV; 2011. Forschungsbericht GDV VV 06.

[2] BFU, Beratungsstelle für Unfallverhütung. BFU-Bevölkerungsbefragung 2022: Jährlich wiederkehrende Befragung der Schweizer Wohnbevölkerung zu Themen im Bereich der Nichtberufsunfälle [Unveröffentlichter Bericht]. Bern: BFU; 2022.

[3] Vias Institute. Switzerland – ESRA3 Country Fact Sheet. ESRA3 survey (E-Survey of Road users’ Attitudes). Version 2 (01/2024): Vias Institute; 2023.

[4] Soole D, Ghafourian A, Anderson R. Relative risk of illegal pedestrian behaviours. Proceedings of Road Safety 2008: Safer Roads, Safer Speeds, Safer People, Safer Vehicles;(1 876346 56 6).

[5] Haleem K, Alluri P, Gan A. Analyzing pedestrian crash injury severity at signalized and non-signalized locations. Accid Anal Prev. 2015; 81: 14–23. DOI:10.1016/j.aap.2015.04.025.

[6] Ghomi H, Hussein M. An integrated text mining, literature review, and meta-analysis approach to investigate pedestrian violation behaviours. 0001-4575. 2022; 173: 106712. DOI:10.1016/j.aap.2022.106712.

[7] Bundesamt für Strassen ASTRA. Instruktionen zum Ausfüllen des Unfallaufnahmeprotokolls (UAP). Bern; 2018.

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